Interpretationsaufgaben

Mögliche Gliederungen zu den drei Interpretationsaufgaben:

Interpretation lyrischer Texte

  1. Einleitung
    • Gattungen: Ballade, Sonett, Lied, konkrete Poesie
  2. Hauptteil
    1. Inhalt
    2. Aufbau
    3. lyrische Form
      • lyrisches Ich/Du, Sprecher im Gedicht (Erlebnis, Stimmung, Gedanke, Appell)
        • Standort, Haltung, Rolle/Typ (Rollengedicht)
      • Gedichtart
      • Strophenform
        • Distichon (Hexameter + Pentameter)
        • Sonett (2 Quartette mit Antithese, 2 Terzette mit Synthese)
        • Volksliedstrophe (einfach, regelmäßiges Metrum mit Jamben/Trochäen, oft vier Verse)
        • freie Rhythmen
      • lautliche Form
        • Metrum (Jambus, Anapäst, Trochäus, Daktylus)
          → Blankvers (ungereimter, meist 5-hebiger Jambus), Distichon (Hexameter + Pentameter), Alexandriner (6-hebiger Jambus mit Mittelzäsur)
        • Kadenzen: weiblich (klingend)/männlich (stumpf)
        • Reimschemata (Binnenreim, Paarreim, Kreuzreim, umarmender Reim, Waise)
        • Enjambements/Zeilenstil
        • Klangfiguren/Lautmalerei (Onomatopoesie)/dominante Laute, rhythmische Mittel
    4. Sprache
    5. Fazit
    6. (Zusatzaufgabe)
  3. Schluss

Interpretation dramatischer Texte

  1. Einleitung
    • Gattungen: Tragöde, Komödie, Tragikomödie, episches Theater (Brecht); geschlossen/offen
  2. Hauptteil
    1. Inhalt
      • Einordnung in das Drama
      • Inhaltsabriss bis zur jetzigen Stelle (Zeilen-/Versangaben sinnvoll)
    2. Aufbau
      • bei klassischem Drama: Dramenmodell
      • Ausgangssituation + Gesprächsverlauf (auf Gesprächsanteile achten!)
        • Entwicklung
        • Monolog, Dialog, Mauerschau, Botenberichte
        • zurückhaltend/beherrschend
      • Ziele/Strategien und wie sie sich am Aufbau zeigen
      • Minidrama: Szene als „kleines Drama” im Drama
    3. Figuren
    4. Sprache und dramaturgische Mittel
      • besondere Stilmittel des Dramas: Stichiomythie, Antilabe
      • Sprachebenen (Umgangssprache, Soziolekt, Fachsprache, Dialekt, gehobene Sprache, dichterische Sprache)
      • Regieanweisungen (Gestik, Mimik, Bewegung, Drohung, Art der Aussprache)
    5. Fazit
    6. (Zusatzaufgabe)
  3. Schluss

Interpretation epischer Texte

  1. Einleitung
    • Gattungen: Kurzgeschichte, Märchen, Fabel, Parabel; Erzählung, Novelle; Epos, Roman
  2. Hauptteil
    1. Inhalt
    2. Aufbau
      • Ausgangssituation + Gesprächsverlauf (auf Gesprächsanteile achten!)
        → Monolog, Dialog, zurückhaltend/beherrschend
      • Ziele/Strategien und wie sie sich am Aufbau zeigen
    3. Erzähler
      • Erzählform
        • Er/Sie-Erzähler
        • Ich-Erzähler
      • Erzählverhalten (oft Mischform)
        • auktorial
        • personal
        • neutral
      • Standort
        • allwissender/olympischer Erzähler
      • Innen-/Außensicht
      • Erzählhaltung (distanziert, neutral, kritisch, ironisch usw.)
      • Darbietungsformen
        • indirekte/direkte Rede
        • innerer Monolog, erlebte Rede, Bewusstseinsstrom
      • Zeitgestaltung
        • Erzählzeit (Zeit, um zu erzählen) / erzählte Zeit (Zeit des Geschehens, das erzählt wird)
          → Zeitdeckung, -dehnung, -raffung
        • Chronologie (linear), Vorausdeutungen/Rückblenden
    4. Figuren
    5. Sprache
      • Sprachebenen (Umgangssprache, Soziolekt, Fachsprache, Dialekt, gehobene Sprache, dichterische Sprache)
    6. Fazit
    7. (Zusatzaufgabe)
  3. Schluss

Ausführlichere Informationen

Einleitung

  1. Eigenständiger Einleitungsgedanke (aktuelles Ereignis, Zitat, irgendwas Interessantes)
  2. Basissatz
    • Daten zum Text: Autor (+Biografie), Gattung, Titel, Jahr/Lebensdaten/grobe zeitliche Einordnung (Epoche)
    • Kernaussage
  3. Interpretationshypothese

Inhalt

  • Inhaltsabriss (Vers- bzw. Zeilenangaben möglich/sinnvoll)
  • Titel
  • Beobachtung, Vorstellung, Konflikt, Handlung, Gedanken, Weltsichten, Wirklichkeitsbereich, Vorgang, Thema, Motiv
    → zeigen sich in Entwicklung/verschiedenen Aspekten

Aufbau

→ Sinnabschnitte untersuchen

  • äußerer Aufbau: Gliederung in Szenen/Strophen/Verse usw.
  • innerer Aufbau: Anordnung und Gliederung des Inhalts
    • Aufbautypen: steigernd, kreisend, zyklisch, antithetisch, dialektisch, reihend…
    • Strukturbegriffe: Steigerung, Eskalation, Zuspitzung, Wendepunkt, Umschwung, Überraschung, (Auf)lösung, Einschnitt
      (→ teils unabhängig von Gattung auch Dramenmodell)
  • auf Funktion von Anfang/Ende achten!
    • direkter Einstieg
    • Anfang/Ende eines größeren Textes? (z.B. Effi Briest, wo am Anfang bereits alles angelegt ist)
  • Zeit: Chronologie oder Vorausdeutungen/Rückblenden, Geschichte, Symbole (bestimmter Zeiten, z.B. Frühling als Beginn)
  • (Raum)

Figuren

  • Haupt-/Nebenfigur, Protagonist/Antagonist, Held/Antiheld
  • Form der Charakterisierung (direkt, indirekt)
  • Figurenkonzeption
    • statisch/dynamisch (-e Haltung)
    • Charakter (Individuum)/Typ
    • abstrakt/psychologisch (ausgearbeitet)
  • Figurenkonstellation: Beziehung zwischeneinander (Stand, Generation, Werte, Geschlecht)
    → Trennendes und Verbindendes
  • Ziele
    • äußere/innere Handlung

Sprache

Argumentativer Dreischritt: Aspekt, Wirkung beschreiben/Funktionalisieren, mit Zitaten belegen

  • Stilmittel
    • Bildlichkeit: Metaphern, Personifikation (bzw. Chiffren, v.a. bei Romantik)
  • Versmaß/Prosa
  • Lexik (Wortwahl)
    • Wortfelder (gedankliche Beeinflussung, unterschwellige Botschaft, Vergleiche)
    • Wortarten (z.B. Adjektive → beschreibend)
  • Grammatik
    • häufige grammatische Phänomene (z.B. Imperative → kommandierend)
  • Syntax
    • Satzformen
    • Satzarten (Aussage-, Ausrufe-, Fragesätze)
    • Satzbau (hypotaktisch: Argumente, rational, Überzeugung; parataktisch: Ausrufe, Emotionen, ungeordnet)

Fazit

  • Zusammenfassung der Befunde
  • Rückbezug zur Interpretationshypothese

Zusatzaufgabe

  • meist „Motivvergleich”
    • Verbindendes/Trennendes aufzeigen
    • anhand der gegebenen Kriterien (z.B. Sprache, Figurengestaltung) analysieren
  • sonst auch „poetologische Zusatzaufgabe”
    • Epochenwissen darlegen
  • Wichtig: In den Aufsatz (Hauptteil) integrieren und nicht eine neue Einleitung/einen neuen Schluss schreiben!

Schluss

  • Schlussgedanke
    • Rahmen mit Einleitung, Ausblick, Appell, Aktualisierung
  • Fazit nicht wiederholen!

Dramenmodell von Gustav Freytag

(pyramidaler Bau des geschlossenen/aristotelischen Dramas)

  • Einheit der Handlung
    • einziger Handlungsstrang
  • Einheit des Ortes
    • ein einziger Schauplatz
  • Einheit der Zeit
    • 24 Stunden

Bestehend aus fünf Akten:

  1. Exposition
    • Vorgeschichte (Zeit, Ort, Handlung, Atmosphäre)
    • Konflikt beginnt
  2. Steigende Handlung mit erregendem Moment
    • Ablauf des Geschehens beschleunigt sich → Interessenkonflikt, Intrigen
    • Spannungssteigerung
  3. Höhepunkt mit Peripetie
    • entscheidende Auseinandersetzung → Wendepunkt wird herbeigeführt
  4. fallende Handlung mit retardierendem Moment
    • Handlung geht auf das Ende zu
    • Spannungssteigerung durch Verzögerung → Rettung möglich (z.B. durch neue Figuren)
  5. Katastrophe/Lösung
    • Lösung des Konflikts: meist Tod des Helden
      → Läuterung des Helden (auch wenn er stirbt: äußerer Untergang/innerer Sieg)
  klassische Tragödie (Trauerspiel) klassische Komödie (Lustspiel) episches Theater Brechts
Handlung/Form abgeschlossen; Dramenmodell komische (lustige) Handlung große gesells. Themen, unterbrochene Handlung; offene Form
Nachahmung? mimesis (illusionistisch/nachahmend)   desillusionierend: V-Effekt
Figuren Ständeklausel → Helden niedriger Stand → Herabschauen alltägliche; Schauspieler stehen aber „neben” der Figur
Ziel eleos, phobos → katharsis sich selbst darin erkennen Zuschauer sollen selbst überlegen → Distanz geschaffen
Ende Lösung: Held (stirbt) geläutert geht für den „Antihelden” gut aus Zuschauer wird zum eigenen Handeln angeregt
Publikum leidet mit   betrachtet, wertet → mit Distanz (als Beobachter)

Anmerkungen:

  • mimesis: Nachahmung
  • phobos: Schaudern
  • eleos: Jammern
  • katharsis: Reinigung
  • V-Effekt: Verfremdungseffekt; fremde Perspektive → Identifizierung verhindern
    • schiefe Musik („Misuk”), Erzähler(kommentare), Prolog/Epilog, Projektion von Bild und Schrift, Montage verschiedener Sprachformen